Azoren – das grüne Paradies von Flores

Azoren – das grüne Paradies von Flores

Unser erstes Ziel der Azoren sollte Flores werden. Die kleine, grüne Insel liegt weit, sehr weit draußen im Atlantik (rund 1.400km westlich von Portugal – bis nach Kanada müsste man 2.300km weit schwimmen). Deshalb gestaltete sich auch unsere Anreise als etwas „mühsam“.

Erst flogen wir mit TAP von Bergamo nach Lissabon. Unser nächster Flug würde erst am Abend starten, so nutzten wir den Tag um in die portugiesische Hauptstadt zu düsen und uns ein paar köstliche „Pasteis de Nata“ zu gönnen. Lissabon war wie immer ein Traum (es war erst ein paar Monate her als ich das letzte Mal in der Stadt war. Damals auf einem Citytrip mit meiner Mutter). Wir saßen mit unseren Törtchen auf dem Rossio und genossen die warme Mittagssonne.

Später setzten wir unsere Reise fort und flogen mit SATA nach Ponta Delgada, der Hauptstadt Sao Miguels. Mit dem Taxi fuhren wir zu einem Hostel. Unser Privatzimmer war sehr geräumig, die Etagenbadezimmer sauber und von unserem Fenster aus hatte man einen super Blick über die Stadt. Die Sonne ging gerade unter und tauchte die Umgebung in warmes Rosa.

Flores Landschaft

Am nächsten Morgen hüpften wir, nach einem einfachen Self-Service Frühstück, wieder ins Taxi und fuhren zurück zum Flughafen. Eine winzige (!) Propellermaschine von SATA wartete auf dem Rollfeld auf uns. Lukas und ich sahen uns einen Moment lang erschrocken an. Wir hatten viel über das unberechenbare Wetter, über die gewaltigen Stürme und die endlosen Regenfälle auf den Azoren gelesen und nun stiegen wir in eine kleine Nussschale, die uns hunderte Kilometer weiter auf den Atlantik hinaus bringen sollte – ans gefühlte Ende der Welt.

Doch der Flug verlief, dank gutem Wetter, problemlos und wir kamen wenig später am niedlichen Flughafen in Santa Cruz das Flores an. Der Flughafen besteht praktisch nur aus einer Bar und einem Schalter von einer Mietwagenfirma.

Der gesamten Passagiere des Fliegers steuerte gezielt auf den Schalter zu und nach einiger Warterei bekamen wir schließlich unseren Mietwagen. Einen grauen kleinen Opel.

auf dem Weg zum Poco da Alagoinha

Unser erster Stop war ein großer Supermarkt nicht weit vom Flughafen. Wir deckten uns mit dem Nötigsten ein (Nudeln, Sauce, Kekse, Bananen, Brot…). Wie immer nicht gerade ausgewogen, doch für uns Camper mit kleinem Budget würde es reichen.

Jetzt mussten wir noch eine Kartusche für unseren Gaskocher, den wir von zuhause mitgebracht hatten, finden. Und dies gestaltete sich schwieriger als gedacht. Wir probierten es erster in einem Fachgeschäft für Mechanikerbedarf / Haushaltswaren / Lebensmittel. Die hatten zwar Kartuschen, es waren jedoch die Falschen. Dann wurden wir von den wirklich sehr hilfsbereiten Einheimischen von Laden zu Laden geschickt und klapperten gefühlt die ganze Stadt ab, bis wir schließlich in einem Shop für Anglerbedarf fündig wurden.

Nun konnten wir losdüsen.

Flores Küste

Auf uns wartete eine sattgrüne Insel, die ihren Namen „Blumen“ alle Ehre macht. Ihre Pflanzenvielfalt ist einzigartig – ein kleines Paradies für Botaniker. Unglaubliche Küste, versteckte Wasserfälle, meterdickes Moos, Nebelschwaden und tiefe Kraterseen.

Flores verdankt ihr grünes Kleid dem vielen Regen, der die kleine Insel zur wasserreichsten des gesamten Archipels macht. Manchmal stürmt und regnet es tagelang und wenn man Pech hat, fällt der Urlaub buchstäblich ins Wasser. Wir konnten skurilerweise an jedem unserer 3 Tage auf Flores die Sonne genießen und es regnete nur einmal in der Nacht ganz leicht.

Die Insel ist nur rund 20km lang und 17km breit, also wirklich sehr klein. In ein paar Stunden lässt sie sich spielend leicht durchfahren oder umrunden. Die Hauptstraßen sind alle asphaltiert und wirklich gut in Schuss (mit leuchtenden Mittelstreifen und riesigen Schildern). Wir haben auf unserer Reise öfters über die überdurchschnittlich vielen Straßenarbeiter geschmunzelt, die die Verkehrswege in Schuss hielten. Als würde gefühlt jeder zweite Einheimische im Straßendienst arbeiten.

Am besten fährt man einfach kreuz und quer über die Insel, hält an schönen Aussichtspunkten und lässt die wildromantische Landschaft und die unglaublichen Küstenpanoramen auf sich wirken.

Wasserfälle Flores

Wir fuhren als erstes Richtung Süden. Immer wieder erspähten wir rauschende Wasserfälle im dichten Wald. Alle paar Meter stoppten wir an Ausweichstellen, um die umwerfenden Aussichten über den steilen Klippen in Fotos festzuhalten.

Es herrscht wenig Verkehr. Sehr selten begegnet man einem anderen Auto und wenn, dann ist es meistens ein Bauer, der eine Kuh von A nach B bringt. Nur eine Hand voll anderer Reisender haben sich auf die raue Insel verirrt. Man trifft sie an den Aussichtspunkten, man grüßt, plaudert vielleicht ein bisschen. Viele von ihnen sind Deutsche, viele Portugiesen und die meisten wird man auf seinem Roadtrip durch die winzige Insel immer und immer wieder treffen.

Unser Weg führte uns immer der Küste entlang, vorbei an kleinen Häusern mit roten Dächern und an grasenden Rinderherden. Blaue und rote, meterhohe Hortensienhecken säumten die Straßen und begrenzten die Grundstücke landeinwärts.

Schließlich kamen wir zur Fajá de Lopo Vaz. Am schönen Picknickplatz gab es viele Sitzgelegenheitn, Grills und Toiletten.

Flores Küste

Die Picknickplätze auf den Azoren sind sowieso ein Kapitel für sich. Wir lasen im Vorfeld viel darüber und konnten den Worten keinen Glauben schenken, bis wir es schließlich mit unseren eigenen Augen sahen. Alle (!) Picknickplätze auf den Azoren sind überdurchschnittlich schön gestaltet. Mit angelegten Beeten voller Blumen und schön getrimmten Hecken. Die meisten verfügen über Toiletten, die stets recht sauber und mit Toilettenpapier aufgefüllt sind. Es gibt immer eine oder mehrere Sitzmöglichkeiten – also einen Tisch mit Bänken – und manchmal sind sie überdacht. Oft führen kleine, mit Mosaiksteinchen verzierte, Pfade im Gelände herum. Manchmal gibt es einen kleinen Brunnen. Meistens steht da auch ein gemauerter Grill. Feuerholz liegt immer akkurat gestapelt parat (!). Jeder kann die Picknickplätze nutzen. Einheimische und Touristen. Alles ist gratis. Man sollte sie nur bitte wieder so gepflegt und sauber hinterlassen, wie man sie vorgefunden hat. Einfach fantastisch!

Nach dem Abendessen (Nudeln mit Sauce) genossen wir noch die atemberaubende Aussicht über den hohen Klippen und machten uns schließlich auf den Weg. Wir schulterten unsere schweren Rucksäcke und stiegen den schmalen Pfad hinunter, der uns zum schwarzen Sandstrand der Fajá de Lopo Vaz bringen sollte. In steilen Serpentinen schlängelte sich der Weg an den hohen Klippen entlang. Der Pfad ist technisch nicht anspruchsvoll, aber schwindelfrei sollte man sein. Nach ca. 30 Minuten erreichten wir den Sand.

Faja de Lopo Vaz

Vor uns erstreckte sich ein breiter, schwarzer Sandstrand, an dem die Wellen des aufgewühlten Meeres mit lautem Knall brachen. Auf der anderen Seite gab es nichts, außer ein verlassenes Häuschen, ein bisschen Schilf, in dem unzählige Vögel herum sprangen und dahinter die steil aufragenden, hunderte von Metern hohe Klippen. Wir waren vollkommen alleine. Nur ein paar wilde, kleine Ziegen kletterten auf den Klippenhängen herum.

Hier würden wir unser Zelt aufschlagen und die Nacht verbringen. Als es dunkel wurde, hörte wir nichts, außer das tosende Rauschen der Brandung und den das raschelnde Schilf im Wind, das Zwitschern unzähliger Küstenvögel und unseren eigenen Herzschlag. Friedlich schlummerten wir ein.

In den frühen Morgenstunden wurden wir von laut, kreischenden Tieren geweckt. Wir hatten damals noch keine Ahnung welchem Lebewesen wir dieses schrille Geschrei zuordnen konnten, doch egal, wir mussten sowieso aufbrechen.

Flores Moos

Wir packten alles wieder sorgfältig in unsere großen Rucksäcke und machten uns auf den steilen und anstrengenden Weg nach oben. Eine Stunde später kamen wir keuchend an unserem Auto an und nach einem netten Frühstück setzten wir unseren Roadtrip fort.

Wir fuhren ins Inselinnere. Die Straßen führten uns über kleine Hügel und dicke Nebelschwaden hingen in der Luft. Wir kamen an Hängen vorbei, die über und über mit meterdickem Moos überwuchert waren. Es erschien uns wie weiche, tropfende, in allen Grüntönen schimmernde Watte, die sich schützend über die darunterliegenden Felsen gelegt hatte. Wir trafen keine Menschenseele, nur ein paar verirrte Kühe standen manchmal mitten auf der Straße herum.

Die Straße schlängelte sich malerisch durch die grüne Landschaft, die Sonne schien und irgendwann erblickten wir die ersten Kraterseen. Den Lagoa Funda und den Lagoa Rasa. Später ging es zu einem weiteren Lagao Funda, der in unmittelbarer Nähe des Lagao Comprida liegt. Einer schimmert grün, der andere schwarz. Beide sind nur durch einen schmalen Hügel voneinander getrennt. Vom Aussichtspunkt genießt man einen sehr guten Blick. Im Landesinneren liegen auch die Seen Lagao Branca und Lagao Seca.

 

 

Lagao Comprida und Funda

Alle sind mit Wasser gefüllte Krater und funkeln in verschiedenen Farben. Der eine ist grün, der andere blau und wieder ein anderer ist fast ausgetrocknet. Einige sind von üppiger Vegetation umgeben, andere von undurchdringbarem, dicken Moos oder trockenem Vulkangestein. Man kann sie direkt von der Straße aus bewundern oder man begibt sich zu einem, der zahlreichen Aussichtspunkte.

Unser Roadtrip führte uns schließlich nach Ponta da Fajá. Hier endet die Straße an der Westküste. Ein malerischer Wasserfall ergießt sich in den Poco de Bacalhau (Stockfischteich). Wir wollten dort eigentlich unser Nachtlager aufschlagen, doch wir entschieden uns, dafür wieder ein Stückchen zurück zu fahren und unser Glück am Poco da Alagoinha zu versuchen.

Poco da Alagoinha

Wir ließen das Auto am großen Parkplatz stehen, schulterten erneut unsere schweren Rucksäcke und machten uns auf den Weg. Ein wunderschöner (rutschiger!) Pfad führt rund 800m durch verwunschenen, dichten Wald. Runde Felsen, die über und über mit Moos bewachsen waren, säumten den Weg. Man kreuzten kleine, vor sich hin plätschernde Bächlein und Baumriesen, die mit ihren knorrigen Wurzeln die Erde umwühlten. Wir trafen wieder einmal keine Menschenseele.

Nach kurzem Aufstieg, kamen wir schließlich am Poco da Alagoinha an und uns stockte der Atem. Das Paradies lag vor uns: ein schöner, grüner Teich. Er wurde von unzähligen kleinen Wasserfällen, die sich über eine hohe Klippe ergossen, gespeist. An seinem Ufer blühten weiße, langstielige Calla. Kleine Schäfchenwolken zogen am blauen Himmel über uns vorbei. Man hörte das Zwitschern der Vögel und das Quaken der kleinen Frösche. Um uns, dichter, wilder Wald. Gedanken keimten in uns auf. Irgendwas mit Pandora und Atlantis…

Weg zum Poco da Alagoinha

Wir standen eine ganze Weile am Ufer und ließen die raue Schönheit auf uns wirken. Die Sonne ging unter und tauchte die aufragenden Felsen in weiches Rot. Dieser Ort übertraf alles. Alles, das wir bis dahin gesehen hatten und alles, was noch kommen würde. Und wir wussten, wir würden nach Hause kommen und von ihm erzählen und schwärmen und über ihn schreiben, doch kein Wort vermöge seine Vollkommenheit zu würdigen. Dieses Paradies würde uns nie wieder loslassen. Und so war es auch. Und so ist es bis heute.

Als wir unser Zelt aufgebaut hatten und unser köstliches Abendmahl (zur Abwechslung: Nudeln mit Sauce) verspeist hatten, schlummerten wir friedlich ein. In der Nacht fing es an zu regnen und wir lauschten den Tropfen, wie sie auf unser Zelt und das dichte Blätterdach prasselten.

Am nächsten Morgen fiel es uns schwer, unser kleines Paradies zu verlassen, doch wir mussten weiter. Auf dem Weg zum zurück zum Wagen begegneten uns ein paar wenige Wanderer. Ob dieser Ort für sie auch so magisch sein würde?

Hortensienhecken

Es war unser letzter Tag auf Flores und wir wollten eine der Wanderungen absolvieren, für die die kleine Insel berühmt war. Wir stellten unser Auto am Hafen von Fajá Grande ab und ließen uns von einem Taxi auf die andere Seite der Insel, bis zum Farol do Albarnaz, bringen. Unsere Tour würde uns vom Leuchtturm, am nördlichsten Punkt der Insel, bis zurück nach Fajá Grande führen. Sie zählt zu den Wanderklassikern der Azoren und zu den schönsten des gesamten Archipels.

Und wie wahr, die Wanderung war, neben dem Paradies am Poco da Alagoinha, eines unserer Highlights des gesamten Urlaubs. Sattgrüne Weiden erstreckten sich über die sanften Hügel, kilometerlange, blühende Hortensienhecken säumten den Weg. Wir kamen an malerischen Wasserfällen und kleinen Bächen vorbei und genossen die atemberaubende Aussicht über die Küste. Unter der strahlenden Sonne fiel die grüne Insel in steilen, Hunderten von Metern hohe Klippen in den glasklaren, blaugrünen Ozean ab.

Küstenpanorama

Nach knappen 4 Stunden kamen wir – müde, aber überglücklich – wieder in Fajá Grande an. Den ganzen Tag hatte die Sonne geschienen und es war nicht eine Wolke am azurblauen Himmel zu sehen (eher untypisch für die Azoren). (Die Wanderung sollte nur an schönen Tagen begangen werden. Die letzten Kilometer des Weges, die auch die spektakulärste Aussicht bieten, können sich bei Regen in eine gefährliche Rutschpartie verwandeln.)

Wir fuhren ein letztes Mal zurück – einmal quer über die ganze Insel – bis hinauf nach Alagoa, nördlich von Santa Cruz das Flores. Der wildromantische Picknickplatz an der Bucht sollte unser Schlafplatz für die letzte Nacht werden. Es gab Tische und einen Grill und sogar ein Toilettenhäuschen mit (sehr kalten!) Duschen. Ein kleiner Spazierweg führte hinunter zu einem schwarzen Sandstrand. Markante Felsnadeln ragten aus dem tosenden Ozean. Und wir waren, wie immer, ganz für uns allein.

Alagoa

In der Nacht wurden wir erneut von lauten, krächzenden Geräuschen geweckt. Dutzende Vögel schienen dicht über unserem Zelt hin und her zu fliegen. Eine ganze Weile lauschten wir dem aufgeregten Gekreische. Es waren die gleichen Laute, die wir auch an unserem ersten Abend am Strand gehört hatten und wenig später fanden wir dann heraus, wer der nächtliche Störenfried war. Es waren Gelbschnabelsturmtaucher. Das Geschrei der bemerkenswerten Vögel ist einzigartig (klingt irgendwie nach „Aua-aua, Aua-aua“) und lässt uns bis heute immer wieder schmunzeln.

Am nächsten Morgen fuhren wir zurück nach Santa Cruz und besuchten die Anlage des Walfang-Museums. Im Hof kann man einen lebensgroßen, aufgeschnittenen Plastikpottwal und verrostete Gerätschaften zum Walfang begutachten. Gleich daneben gibt es eine schöne Felsenbucht, durch die mehrere Spazierwege führen.

Dann war der Augenblick gekommen, uns von Flores zu verabschieden. Betrübt fuhren wir zum Flughafen, gaben das Mietauto zurück und stiegen in das Flugzeug. Bevor uns die kleine Porpellermaschine von SATA zurück nach Sao Miguel brachte, blickten wir noch einmal auf die Insel zurück, die sich üppig grün aus dem blauen Ozean erhob und gaben uns das Versprechen, wieder zu kommen.

 

 

unbedingt ansehen! Lukas‘ wunderschönes Timelapse Video von den Azoren  ♥

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1 Kommentar

  1. Zhi Ming
    27. November 2019 / 21:15

    Hallo, wie viel hat der Flug von Sao Miguel nach Flores gekostet?

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