Carnet de Passages – als Overlander hast Du bestimmt schon einmal von dem Zolldokument mit dem schön klingenden Namen gehört oder gelesen. Was es damit auf sich hat, wie wichtig es ist, wo und wie es zum Einsatz kommt, erfährst Du in diesem Artikel.
Was ist ein Carnet de Passages?
Das Carnet de Passages (vollständig: Carnet de Passages en Douane) ist ein international gültiges Zolldokument. Es regelt die vorübergehende, zollfreie Einfuhr eines Fahrzeugs.
Sollte das Fahrzeug nicht wieder ordnungsgemäß aus dem Reiseland ausgeführt werden, verpflichtet sich der Automobilclub, der das Carnet de Passages ausgestellt hat, dazu, die anstehenden Forderungen zu begleichen.
Für welche Länder wird ein Carnet benötigt?
Das Carnet de Passages wird für viele Länder Afrikas, (Südost-)Asiens, für Australien und Neuseeland und für manche Länder im Nahen Osten benötigt (weiter unten findest Du genauere Infos dazu).
Für Länder in Süd- und Lateinamerika wird das Carnet in der Theorie zwar auch ausgestellt, in der Praxis wird es dort jedoch NICHT benötigt. Auch für eine Reise nach Zentralasien oder Nordafrika wird kein Carnet benötigt.
Wer stellt ein Carnet de Passages aus?
Ausgestellt wird das Carnet von Automobilclubs, zB. dem ADAC (in der Regel gegen eine – je nach Fahrzeugwert beträchtliche Kaution oder, seltener, eine Bankbürgschaft).
Mehrere Daten werden im Zolldokument festgehalten: Kennzeichen und Modell des Fahrzeugs, Fahrzeughalter, Wert des Fahrzeugs, Fahrzeuggestellnummer, Motornummer, Fahrzeugfarbe, Baujahr, Gewich, Sitzplätze, Leistung des Fahrzeugs, Anzahl (und manchmal auch Marke) der Ersatzreifen, Marke (und manchmal auch Wert) des Radios.
Das Carnet de Passages ist 12 Monate lang gültig.
Es kann nur auf eine Person und ein Fahrzeug ausgestellt werden. (Wer neben dem Fahrzeug zB. noch ein Motorrad dabei hat, braucht für dieses ein separates Carnet de Passages.)
Von manchen Grenzbeamten wird das Carnet fälschlicherweise auch „Tiptik“ (oder kurz einfach „Tip„) genannt.
Wie funktioniert das Carnet-Prozedere an den Grenzen?
Möchte man nun mit seinem Reisefahrzeug in ein Carnet-pflichtiges Land einreisen, werden einem die Zollbeamten an der jeweiligen Landesgrenze danach fragen (meistens im Rahmen einer kurzen Fahrzeugkontrolle, bei der zB. die Fahrzeug-Gestellnummer, die Motornummer, die Anzahl der Reservereifen usw. kontrolliert wird). Ist alles in Ordnung stempelt der jeweilige Beamte das Carnet bei der Einreise ab (Stempel im obersten Abschnitt links und Stempel im untersten Abschnitt. Der unterste Abschnitt wird zudem abgetrennt und verbleibt beim Grenzübergang.)
Reist man anschließend aus dem Land wieder aus, muss das Carnet wieder „ausgestempelt“ werden. Sprich: der jeweilige Beamte hinterlässt seinen Stempel im obersten Abschnitt rechts und im mittleren Abschnitt. Der mittlere Abschnitt wird abgetrennt und verbleibt beim Grenzübergang.
Übrig bleibt nur der oberste Abschnitt – mit dem jeweligen Ein- und Ausreisestempel des Landes.
Tipp: das Allerwichtigste beim Carnet-Prozedere ist, dass es von jedem eingetragenem Einreisestempel auch einen passenden Ausreisestempel gibt! Ein fehlender Stempel im Carnet de Passages kann zu schwerwiegenden Folgen führen (und dazu, dass man seine Kaution nicht mehr zurückbekommt)! Daher gilt also: in jenen Ländern, in denen das Carnet de Passages NICHT zwingend erforderlich ist, am besten gar nicht erst abstempeln lassen!
In der Praxis heißt dies: an den Grenzübergängen das Carnet de Passages am besten griffbereit, aber nicht sichtbar verstauen (zB. im Handschuhfach, Handtasche, Rucksack…) und nur dann herausnehmen, wenn die Grenzbeamten wirklich darauf bestehen!
Zurück im Heimatland bzw. in Europa ist es nicht ausschlaggebend wie viele Seiten des Carnets gestempelt sind oder ob die gestempelten Seiten eine nachvollziehbare Reiseroute ergeben, einzig und allein die Vollständigkeit der Stempel im obersten Abschnitt der einzelnen Seiten (1x Einreise + 1x Ausreise) ist wichtig. Wer sein Carnet in manchen Ländern also gar nicht erst abstempeln lässt, verringert damit die Wahrscheinlichkeit von (fatalen) Fehlern.
Wieder zurück in Europa – was passiert nun?
Wieder zurück im Heimatland wird das Carnet zur nächsten Station der Zollbeamten gebracht und nach einem kurzen Fahrzeug-Check noch einmal final abgestempelt. Dann kann es zum Automobilclub, der es ausgestellt hat, zurückgeschickt werden und man erhält seine Kaution zurück. (Je nach Land übernimmt auch der Automobilclub selbst die finale Fahrzeugkontrolle.)
Brauche ich ein Carnet für die Arabische Halbinsel?
Ausgedehnte Roadtrips über die Arabische Halbinsel werden immer beliebter – vor allem seit sich Saudi Arabien für den breiten Tourismus geöffnet hat und nun auch einfach zu beantragende E-Visas ausstellt.
Eine Overland-Tour durch die ausgedehnten Wüsten Saudi Arabiens, durch die dramatischen Bergregionen des Omans oder zu den landschaftlichen und historischen Schätzen Jordaniens ist einfach unvergesslich! Ein absoluter Traum für jeden abenteuerlustigen Overlander!
In unseren Artikeln zu Saudi Arabien, Jordanien und dem Oman verraten wir Dir alle Highlights und Must Sees der jeweiligen Länder. Außerdem gibt’s jede Menge nützlicher Reisetipps und Informationen für Deinen Arabien-Roadtrip.
Doch auf die Frage, ob man denn nun ein Carnet de Passages auch für eine Reise über die Arabische Halbinsel braucht, gibt es leider keine einfache Antwort.
Auf der Arabischen Halbinsel ist das Carnet de Passages für folgende Länder Pflicht: Bahrain und Katar. Für die restlichen Länder ist es nicht zwingend bzw. nicht mehr bzw. nicht immer Pflicht. Sprich: bis zum Schluss liegt es im Ermessen des Grenzbeamten.
An den allermeisten Landesgrenzen kann man auch ohne Carnet einreisen (außer Bahrain und Katar – dort wird auf das Dokument bestanden). Reist man jedoch auf dem Seeweg an (zB. mit dem Containerschiff nach Dubai/Sharjah oder nach Israel), wird das Carnet de Passages in der Regel am Hafen schon verlangt.
Und weil die Anreise auf die Arabischen Halbinsel für die allermeisten Overlander über eine „Carnet pflichtige Route“ führt, haben 99% aller Reisender das Zolldokument auch mit dabei.
Für einen ausgedehnten Roadtrip durch die Länder der Arabischen Halbinsel ist ein Carnet also nicht zwingend erforderlich – es kann die Reise bzw. das Prozedere an den jeweiligen Grenzübergängen jedoch vereinfachen und beschleunigen. (Bei Fehlen des Carnets müssen an manchen Grenzen andere Zolldokumente ausgefüllt werden. Auch evtl. Gebühren können dann anfallen.)
Zusammengefasst: ein Roadtrip über die Arabische Halbinsel ist zwar auch ohne Carnet machbar, wegen möglicher Komplikationen an den Grenzen und der wahrscheinlichen Anreise über ein „Carnet pflichtiges Land“, wird die Mitnahme des Carnets jedoch empfohlen. Reisende sollten es jedoch nur dann vorzeigen bzw. abstempeln lassen, wenn die Grenzbeamten wirklich darauf bestehen.